„Das Lesen von Bildern ist eben einfach noch ein anderes Element von Wahrnehmen und Verstehen.“

Sabine Dittmer kombiniert gerne das selbstständige Arbeiten als Künstlerin und Illustratorin mit einer Anstellung im Bereich der Bildung und Vermittlung für Kunsthallen und Museen. Auch als Fachreferentin für Sammlungsmanagement und Qualitätsstandards in Museen ist sie tätig.

Zu ihrer Berufung - sich mit Fragen zu beschäftigen, wie Bildung geht und wie Bilder funktionieren - fand sie unter anderem durch Konzeptarbeiten, Workshops mit Kindern und Erwachsenen, Gemeinschaftsarbeiten im Atelier 9, der Künstlerinnengruppe m.art.a und das Illustrationsstudium.

Ihr Studium begann sie erst im Alter von 33 Jahren, als sie im Beruf als Erzieherin durch den Zugang zu Zeitschriften, Kinder- und Jugendbüchern ihre Leidenschaft für Illustration und die Kommunikation durch Bildern entdeckte.

Wie bist du zu deinem Illustration Studium gekommen?

Ich habe relativ spät angefangen zu studieren. In meinem ersten Beruf bin ich Erzieherin und war schon 33 Jahre alt, als ich meinen Studienplatz ergatterte. Mein Lebensgefährte leitete zu dem Zeitpunkt die Zeitschrift Bulletin Jugend & Literatur, die Kinder- und Jugendbücher rezensierte. Ich hatte also immer frische, neue Kinderbücher vor Augen. Die durfte ich immer rausziehen und mit nach Hause nehmen zum Angucken. So hat sich der Wunsch entwickelt, Illustration studieren zu wollen.

„Ich habe es sehr genossen, mit 33 Jahren ins Studium einzusteigen und so eine große Möglichkeit von künstlerischem Arbeiten zu haben.“

Was hat dir am Studium besonders gefallen?

Die Theorie, die wir machen mussten, fand ich tatsächlich auch toll. Die ist nun mal auch wesentlich für unsere Arbeit, damit wir uns auskennen und die Kunst besser kennenlernen. Das fand ich sehr schön.

„Ich fand es sehr gut, viele Möglichkeiten zu haben, an das Thema Illustration anzudocken.“

Hat dir das Studium eine Vielfalt an neuen Einblicken ermöglicht?

Wie ist deine heutige Arbeit im Vergleich zum Studium?

In den letzten Jahren hat es sich tatsächlich mehr dazu entwickelt, dass meine Arbeit bei mir zu Hause stattfindet, bei der Recherche um Dinge, die ich entwickle und konzeptionell erarbeite. Ich habe mich ziemlich weit entfernt von dem, was ich während meines Studiums entwickelt habe, nämlich zu illustrieren. Dass ich eher frei denke, hat sich im Studium schon abgezeichnet. Und auch im Kontext von Pädagogik und Arbeit mit Kindern, habe ich relativ schnell gemerkt, dass sich mein Fokus da sehr frei entwickelt. Über Besuche auf Messen für Kinder und Buchillustrationen, habe ich gemerkt, dass es für das, was ich machen will, in Deutschland keinen richtigen Markt gibt.

Der Alltag sieht so aus, dass ich letztendlich hier Zuhause am Rechner sitze und in allen Kategorien, also vom Konzept, über die Gestaltung oder an der Initiierung einer Gestaltung arbeite.

„Nach meinem Studium habe ich ziemlich schnell und direkt sehr intensiv mit Kristina Calvert - sie philosophiert mit Kindern - zusammengearbeitet.“

Wie bist du zu deiner jetzigen Berufstätigkeit gekommen?

Warst du mal als Illustratorin angestellt?

Eine Anstellung als Illustratorin gab es nicht. Es waren immer Aufträge mit einem klaren Zeitrahmen. Und den Zeitrahmen hat man sich nicht immer ausgesucht.

Hat dir die Arbeit trotz der strengen Fristen Spaß gemacht?

Was an einer Tätigkeit fasziniert dich am meisten?

Fühlt sich deine jetzige Tätigkeit als deine Berufung an?

Vielleicht ist das tatsächlich in meiner jetzigen Situation der Punkt, wo ich mich berufen fühle. Also vom langen Studium der Illustration, über Konzeptarbeit und Arbeit, Workshops mit Kindern und Jugendlichen und Erwachsenen hin zu den Fragestellungen: Wie geht denn eigentlich Bildung? Und wie funktionieren eigentlich Bilder?

Damit habe ich ja angefangen. Also wir sitzen im Seminar von Rüdiger Stoye und er nimmt eine der Illustrationen und erklärt uns den Bildaufbau: Und was passiert, wenn ich von hier nach da gehe? Wie wird mein Blick gelenkt? Vielleicht ist das letztendlich der Ursprung, zu überlegen, wie funktioniert eigentlich was - ein Bild, eine Vorstellung, eine Haltung.

Was ist dein nächstes berufliches Ziel?

Das Ziel ist, sich weiter darum zu kümmern, diesen Bildungsansatz zu betrachten und zu erneuern - mit möglichst vielen Partnerinnen und Partnern. Das heißt, von den Kindern angefangen über die Eltern bis hin zu allen Beteiligten. Ich habe gerade an einem Projekt für die Kunsthalle gearbeitet: Wer sind eigentlich unsere Partner:innen, wenn wir Bildung gut verständlich für alle Menschen machen wollen? Mit “allen Menschen” meine ich nicht nur die, die lernen müssen, bis sie die zehnte Klasse absolviert haben, sondern ich bin eine große Freundin des lebenslangen Lernens. Also wie funktioniert Bildung? Wer ist daran beteiligt? Wen sollten wir unbedingt beteiligen, der noch gar nicht mitspielt? Das ist meine Vorstellung von dem, was meine Zukunft noch lange ausmachen könnte. Dafür braucht man keine Altersgrenze. Das kann ich auch mit 90 noch machen, wenn mein Geist das hergibt.

Hast du Tipps für Studierende?

Das würde ich gerne allen mitgeben, nämlich genau zu gucken, ist es noch meins oder ist es etwas, was man erwartet? Ist es etwas, womit ich eine Chance habe? Wenn du jetzt nach drei, vier Jahren fertig bist, wirst du dann davon auch leben können? Schaffe ich das mit dem, was ich gelernt habe? Oder bin ich noch auf der Suche, mein Können auf den Weg zu bringen und zu vernetzen.

Wer wird sich für meine Illustrationen interessieren? Das ist eine wichtige Frage. Ich habe immer an die Kinder gedacht, aber nicht, dass die Eltern die Bücher kaufen und dass die Eltern vielleicht nicht so gerne abstrakte Bücher kaufen, weil sie damit nicht so einfach umgehen können. Das habe ich vielleicht auch ein bisschen ausgeklammert. Daran versuche ich jetzt mehr zu denken. Also daran, wie ich auch die mitnehme, die die Kinder begleiten, die Eltern, die Erzieherinnen und Erzieher, die Lehrer. Wo stehen diese Personen, wenn sie zum Beispiel in die Kunsthalle kommen? Einige Erzieher*innen kommen wie die Kinder, das erste Mal in die Kunsthalle und sammeln, wie die Kinder, erste Eindrücke.

Würdest du Praktika empfehlen?

Also, ich würde immer versuchen, irgendwo hinzukommen, auch wenn man erstmal denkt, da passt man nicht so ganz hin. Und zum Beispiel in Agenturen, Theater und Museen zu gehen, um mitzukriegen, unter welchen Bedingungen da gearbeitet wird.

Aus meiner Lohn- und Brottätigkeit in einer Digitaldruckerei, die speziell Mediendienstleistungen macht, weiß ich, dass die Sachen bearbeitet werden und die Korrektursteps hin- und hergehen. Da kann es eben spät werden. Ich finde alles gut, was mit dem direkten Arbeiten zu tun hat. Man lernt einfach wahnsinnig gut, indem man es macht.

Was würdest du jemandem raten, der an einem Illustration Studium interessiert ist?

Aufgrund meiner eigenen Erfahrung würde ich tatsächlich forschen: Ist es wirklich die Illustration oder ist es ein Aspekt davon? Also die Verknüpfung herzustellen und nochmals zu überlegen, wo kann das hinführen? Illustration in ihrer Vielfältigkeit zu betrachten. Ich war lange auf das Bilderbuch konzentriert und hätte vielleicht besser in KoDe meinen Schwerpunkt gefunden. Eine wichtige Frage ist auch: Womit kann ich auskommen? Möchte ich gerne reich und berühmt werden, oder möchte ich nur reich oder nur berühmt werden? Es ist eben ein Studium, das in ein Berufsbild münden soll.

Die Steine aus dem Weg räumen und dann geht es los. Das erfährst du aber am besten in deinen Projekten und in Gesprächen, die du dazu führst.

„Man braucht immer wieder Perspektiven, wohin der Weg führt.“

Kurswechsel! Mit wem soll es nun weitergehen?